Wir sind im Monat Juli und es ist echt brütend Heiss. Ich gehe gerade im Büro die Dienstpläne durch und stelle zu meiner grossen Freude fest das sich da auf Ende der Woche ein Fenster ergibt, wo man gut auf meine Anwesenheit verzichten kann. Sofort greife ich zum Telefon um nach dreimaligem klingeln auf Andi einzulabern das dass die Gelegenheit ist um den neuen Fluss, der uns schon ein halbes Jahr durch den Kopf spukt  anzufahren. Er vertröstet mich zwar mit abklären etc aber ich habe schon an seinem angefixten Unterton gehört das es klappen wird. Noch ein Telefonat um Köderfische klar zu machen und schon läuft in meinem Kopf die Pack- und Organisationsliste ab. Da kommt auch schon das erste Hindernis in der Geschwindigkeit eines D-Zug’s in meinem Bewusstsein an. Alle aber auch echt alle unserer Motoren für die Schlauchboote sind in der Wartung und werden niemals rechtzeitig fertig sein. Ich löse das Problem die kommenden Tage in dem ich einen sechser Baujahr uralt bei einem Kumpel auftreibe. Ich gebe zu die zwei Tage gehen mit Vorarbeiten im Betrieb und Organisieren schneller Vorbei als mir lieb ist und hinke dem ganzen ein wenig hinterher aber wie immer muss dass Ding auf Biegen und Brechen jetzt sein. Als Andi um 12 Uhr Mittags bei mir auf Arbeit einläuft bin ich gerade so bereit, die anschliessende Fahrt verläuft angenehm ruhig. Wie immer steigt die Vorfreude, mit abnehmender Fahrzeit anzeige auf dem Navi stetig an. Aber als das Ding „Sie haben ihr Ziel erreicht* durchs Auto flötet, müssen wir feststellen das wir hier nicht wie bei Google Earth gesehen locker ans Wasser kommen, sondern wir das direkt komplett vergessen können. Wir verbringen gefühlte Ewigkeiten damit die Strassen entlang der Ufer abzufahren um uns einen Platz für den Start unseres Unternehmens zu suchen. Erst als die Sonne schon tief steht werden wir fündig und auch hier ist das ganze mit langen Wegen und dementsprechenden Schleppen verbunden. Endlich alles verladen und im Boot ziehe ich mit schlechtem Gefühl den Leih Motor an und dieser springt zu meiner unendlichen Erleichterung direkt an. Gang einlegen und los… oder auch nicht der Motor heult auf aber bewegt das Schlauchi nicht nach vorn. Zirka 15 Minuten später ist das Problem ersichtlich der Schärstift von der Leihgabe ist gebrochen und ich kann die Standpauke die ich gerade von meinem Angelpartner kassiere mehr als nur verstehen. Wir klemmen Haken mit der Quetschhülsen Zange ab und überziehen drei Stück der geraden Schenkel mit Schrumpfschlauch. Ergebnis? Zange im A… aber der Not-Stift funktioniert!!!!! Die Dämmerung ist schon weit fortgeschritten und beim Moven an den vorbestimmten Spot kommt die unglaubliche Schönheit dieses Gewässers nur in Bruchteilen bei uns an. Angekommen wird erst mal im Eiltempo alles achtlos aus dem Boot befördert und direkt die Ruten gefahren, natürlich im Stockdunklen und ohne Vorkenntnisse der Gewässer-Struktur. Nach erstaunlich routiniertem Ablauf liegen drei Montagen am Flachwassergebiet und eine am vermuteten Standplatz verteilt. Während des Einrichtens der kreuz und Quer liegenden Utensilien, diskutieren wir halb laut über Motorenlärm und Scheuchwirkung. Als mein Angelpartner sich mit einem tiefen Seufzer in die Liege knallt und immer noch lamentiert das die Aktion mehr als schlecht geplant und dem Fangerfolg bestimmt nicht zuträglich ist. Kracht die umgelenkte Standplatz Rute nach vorne. Völlig verdattert starren wir auf den Stock der nun völlig gerade im Rutenständer steht. Als die erste Betäubung abgeschüttelt ist und ich endlich die Rute aus ihrem Halt befreit habe, höre ich zu meiner Erleichterung wie hinter mir der Motor anspringt und weiss, dass auch mein Bruder seinen Teil des Spiels wieder im Griff hat. Ich sitze Pumpend wie ein irrer im Schlauchboot und mir schiessen Fragen wie: Was machst du wenn das Hakenbündel im Motor bricht. Oder muss er wirklich so hart hoch Schalten durch den Kopf. Aber da geht die Spitze meiner Rute auf Tauchstation und ich merke direkt mit der ersten Flucht, dass ich mich besser auf meinen Widersacher konzentrieren sollte. Der Unbekannte zieht mit uns im Schlepptau in beachtlicher Geschwindigkeit gegen die Strömung Flussauf.  Ich muss an dieser Stelle eingestehen, dass ich mit der Power dieses Fisches bei 27,5 Grad Wasser echt zu kämpfen habe. Von hinter mir kommt die Ansage das ich Schnaufe und Ächze wie ein altes Weib (Was ich persönlich natürlich total Übertrieben finde und eher in der blühenden Fantasie meines Team-Bruders ansiedle) Er dreht ab und steht nun in der Strömung stur am Grund. Der folgende Kopfschlag lässt meinen Adrenalin Pegel in unermessliche Steigen was ein geiler Drill. Nun kommt Schnur und in einem Sprudelbad aus Luftblasen die das dunkle Wasser aufwühlen durchbricht sein Schädel die Oberfläche um direkt abermals in die Tiefe zu ziehen. Mein Mund ist grad Staubtrocken und von meinem Compagnon kommt auch nur ein verblüffter Zischlaut. Der Fisch kommt erneut hoch und ich erkenne in dem Moment wo ich zur Landung ansetze das er verdammt knapp hängt. Rein und festhalten mit allem was die Arme noch hergeben, trotzdem schleudert er mich wie ein Pupe im Boot hin und her. Ich rufe mich selbst zur Ordnung und ziehe den Silure ins Boot. Im selben Moment wo sein Schädel in Richtung meines Bruders gleitet fällt auch die Haarmontage aus seinem Mundwinkel…..  Ich bin grad in einer völligen anderen Welt, nur entfernt kommt bei mir die Freude von Andi an. So Gesprächs-Fetzen wie der hängt zu einem drittel übers Schlauchboot oder man weißt du was du da grad gefangen hast werden zwar von meinem Kopf aufgenommen aber gerade nicht bearbeitet.

Ich versorge am Ufer den Fisch indessen mein Bruder die Rute nochmals fährt. Ich sitze im brackigen Wasser und die Emotionen schwappen über mir zusammen. Eine tiefe Dankbarkeit und Ruhe erfasst mich obwohl meine Hände noch leicht zittern.  Erst nach einer gewissen Zeit habe ich mich wieder im Griff und bin in der Lage wieder auf meine Liege zurückzukehren.  Ich erwache im Morgen Konzert der Zikaden, das Dämmer-licht sagt mir, der Sonnenaufgang lässt noch ein wenig auf sich warten. Ich wühle die Feederrute aus dem allgemeinen Tackle Chaos und bringe sie beködert in Richtung Wasser, um direkt den ein oder anderen kleinen Mitarbeiter zu Casten.

Ich muss nochmals weggedöst sein den als ich erneut die Augen Aufschlage ist es hell und Andi steht mit einer krummen Rute im Schlauchboot. Stolpernd komm ich auf dem Schlauchi an und gebe Gas in Richtung offenes Wasser. Andi reisst indes die Hand hoch und dann ist alles voller Blut…. Sch.. ich habe grad genau in die Schnur meiner vergessenen Feeder-Rute manövriert. Um das grad vorweg zu nehmen seit diesem Tag ist wieder Mono auf meinen Köfi Rollen. Ausserdem höre ich bei jedem Trip das ich meinen Bruder immer Verletze…(natürlich eine vollkommen verzehrte Wahrnehmung seinerseits) An dieser Stelle wieder mal den aller grössten Respekt vor meinem Freund. Der Drillt da Blutverschmiert Steinhart den Fisch aus. Das, das ganze wiederum gute 20 Minuten in Anspruch nimmt, scheint ihn im Adrenalin-Rausch überhaupt nicht zu tangieren. Unglaublicherweise kommt wieder so ein massiver Schädel an die Wasseroberfläche, also über mangelndes Angelglück dürfen wir uns echt nicht beschweren. Von vorne kommt die Ansage dass ich landen soll weil er die Finger nicht anwinkeln kann. Mit schlechtem Gewissen hiev ich den Fisch ins Boot und wende Richtung Basis. Diesmal braucht mein Bruder seine Zeit um seine Emotionen zu bannen. Nach kurzer Begutachtung steht fest, das sein Daumen und Zeigefinger böse tief von meiner Schnur eingeschnitten sind. Aber mein Freund macht mir unmissverständlich und auf charmante Art und weisse klar dass er mir mangelnde Intelligenz zugesteht aber jetzt nicht ins Krankenhaus will sondern die letzte Nacht garantiert noch mitnimmt.

Der Rest ist an dieser Stelle schnell erzählt. Wir nutzen den Tag um die Schönheit dieses Gewässers in uns Aufzusaugen. Die Nacht ist sehr kurz da nun die kleineren Exemplare auf Nahrungssuche sind und wir eigentlich nur mit Drillen und auslegen beschäftigt sind. Am nächsten Tag geht es abgekämpft zu Teilen verletzt und recht unausgeschlafen aber völlig geflasht und entspannt zugleich in Richtung Heimat.

 

Mein persönliches Fazit dieser Denkwürdigen Session:

-Ein bisschen mehr Planung könnt echt Zuträglich sein.

-Leih dir nie Motoren ohne sie auf Funktion zu testen.

-Geflochtene Schnur auf der Feeder ist nicht immer Ideal

-Alter ich muss mir ne neue Klemmzange kaufen!

-Scheisse war dass Geil

(Andi hat übrigens noch alle seine Finger. Er hat auf meinen Rat verzichtet  und ging nicht in Ärztliche Behandlung. Nichts desto trotz. Kann er seine Finger wieder bewegen und hat mir (so glaube ich, auch wenn er steif das Gegenteil behauptet) meine Schussligkeit verziehen

Simon Reimann