Eigentlich ein ganz normaler Nachmittag im Spätsommer. Arbeit durch, Zuhause den Sohnemann aufgeladen und ab an die frische Luft. Nach den letzten Tagen Dauerregen finden wir beide die Rückkehr des Sommers klasse und verbringen unsere Zeit lieber im Grünen. Nach einem ausgedehnten Spaziergang finden wir uns an einem kleinen Bacheinlauf wieder, der hier sein Stelldichein mit dem Hauptwasser abhält. Da der Abschnitt neu für uns ist, begibt sich mein Stammhalter sofort auf Erkundungstour, ungefragt versteht sich. Dem freudigen Quietschen von weiter unten entnehme ich, dass er was zum Spielen gefunden hat. Bei ihm angekommen (ja auch ich werde älter), zeigt mir mein Spross unmissverständlich was da grad so im Fokus liegt. Im kristallklaren Wasser steht ein Weissfisch am anderen, bunt durch die Rassen gemischt. Mein Blick schweift wie an Schnüren gezogen weiter. Der Hauptfluss ist nach dem vergangenen Regen leicht angetrübt und erhöht. Das kristallklare Wasser des Baches, steht wie eine exakte Linie am Rückläufer an und will sich allem Anschein nach nicht mit der bräunlichen Suppe vermengen. Das laute Platschen lässt mich krampfartig herumfahren und wieder im hier und jetzt ankommen. Der kleine hat die Situation wohlweislich ausgenutzt und sitzt bis zur Brust im kühlen Nass. Na klasse, da habe ich mit meinem Wasser Bann ja wieder mehr als nur eine vorbildliche Aufsichtspflicht an den Tag gelegt. Mein Sohn ist auf jeden Fall mehr als Happy mit der momentanen Situation und spielt ausgelassen. Mein Blick bleibt nach dem „alles Ok“   Klick im Hinterkopf wieder an der Wassernarbe hängen. Die Köfis sind wie zu erwarten vor dem doch recht einprägsamen Auftritt meines Sohnes geflüchtet. Aber anstatt sich in den Strom zu retten, drängen sie sich an der Kante und streiten sich um die verdecktesten Plätze an der Uferböschung. Während ich den kleinen Wassermann, unter Entäuschungslauten wieder in Richtung festen Boden bugsieren, rattert es in meinem Kopf unaufhaltsam durch. Da ist etwas hinter der Kante vor dem die Schwarm-Brüder mehr Angst haben als vor dem platschenden Kind mitten in ihrem Wohnzimmer. Voll mitgerissen teil ich meine Gedankengänge mit meinem Spross. Ich krieg für meine flammende Rede auch prompt nen ungläubigen Blick und die direkte Aufforderung zum neuen Spiel….

Wir sind immer noch im selbigen Tag unterwegs, nur die Uhrzeit ist deutlich fortgeschritten. Mit dem verschwinden der Sonne schiebe ich das Boot ins Wasser. Die Stimmung fixt mich komplett an, die Silhouetten werden dunkler und bieten einen Wahnsinns Kontrast zum Abendrot. Ich werfe den Motor an und leg die zwei Stein Montagen in einem Zug. Einmal such ich mir die abrechende Innenkante aus und die zweite kommt unweit hinter dem ausgeschwemmten Bereich zum Hauptfluss zu liegen. Ich erledige noch die Nächtlichen Vorbereitungen im angenehmen Routine Einerlei und knall mich auf die Liege. Das dunkel der Nacht gewinnt nun ihren immer wiederkehrenden Kampf mit dem Licht, die Geräuschkulisse ändert sich und wird ganz monoton untermalt vom Gluckern des Wassers. Ich sauge alles in mich auf, wie ein Junky. Mein Kopf wird frei und ein Gefühl der Ruhe ergreift besitzt von Geist und Körper. Gepaart mit meiner positiven Stimmung bezüglich Spotwahl ergibt, dass ein Hochgefühl das seines Gleichen sucht.

Ich komm morgens hoch und schau auf die zwei Ruten die unverändert in ihren Ablagen verweilen. Vollblank, zuckt es durch meinen Kopf. Wie gewohnt beginnt mein Verstand direkt damit das Geschehen schön zu reden indes mein Körper wie eine Marionette alles zusammenrafft. Kurze Zeit später bin ich auf Arbeit nur der Kopf ist immer noch am Spot hängengeblieben.

Verdammt wo war der Fehler, ich war mir echt so sicher… aber da muss einer stehen, ich hatte nicht allzu grosse Köfis drauf, wäre da keiner hätte ich einen Hecht draufgekriegt. Bei den aktuellen Bedingungen ist das der Produktivste Spot auf der ganzen Strecke. Der grösste Raubfisch muss ihn doch für sich beanspruchen. Ich mach das Ding nochmal, dass kann doch gar nicht sein, heute geht nicht aber am Sonntag geb ich mir das nochmal.

Mit zunehmender Konzentration auf die anfallenden Arbeiten werden die Stimmen leiser und die Stunden ziehen vorüber. Auf dem Heimweg klingelts und ein guter Freund teilt mir die aktuellen News mit. Ob er will oder nicht bekommt er dann, als ich an der Reihe bin, den ganzen Batzen meiner Angelei hingeknallt. Mein gegenüber wäre nicht er wenn er mir zum Abschluss des Telefonats nicht noch stichelnd anmerken würde, dass ich dieses Jahr aber eigentlich auch recht oft blanke. Danke.

Am Abend schieb ich wieder das Boot an der exakt gleichen Stelle zu Wasser. Gegen jede Vernunft und mit allem durchdrücken sowie Verschieben muss ich es heute direkt nochmals angehen, sonst frisst mich das Ding auf. Meine Frau ist manchmal echt nicht zu beneiden.

Diesmal fällt die Location deutlich genauer aus. Das Legen absolviere ich ohne Motor, den Multirollen sei Dank. Die Eine platziere ich direkt am Ufer am Ende des Mischwassers. Die zweite liegt bei einer minimalen Vertiefung hinter dem Ausgewaschenen Bereich. Die Motivation dies so zu Versuchen liegt in der Überlegung, dass die Beute, beim Verlassen des Zuflusses mit möglichst viel Deckung arbeitet und nicht einfach stumpf über die Kante hinausschwimmt. Wieder auf meiner Liege und fertig eingerichtet dreht sich das hätte, könnte, wäre Karussell in einem Fort weiter. Heute wird mir eine Abendstimmung in Purpur serviert, die aber in meiner Verbissenheit nur unzuträglich ankommt.

Ich Quäl mich aus der Liege, alles liegt noch unter dem düsteren Tuch der Nacht. Ein Blick auf die Uhr offenbart mir das wir es um 5Uhr in der Früh haben. Ich verfluche meine Blase mit Hingabe, wie immer eine halbe Stunde vor dem Wecker, muss sie ja unbedingt den Busch besuchen. Dass die zwei Ruten immer noch in leichter Spannung dastehen, ist bei der Frustbewältigung nicht gerade förderlich. Ich wühle mich zurück in die Liege um noch die zwanzig verbleibenden Minuten mitzunehmen, für das Gedanken Karussell ist nachher auch noch genügend Zeit. Halb am Wegdämmern höre ich kurz und Dumpf das Glöckchen. Das war ein Ansauger! Ich steh in solch einer Geschwindigkeit, dass meine Liege mit der Schwerkraft nicht zurechtkommt und auf die andere Seite fliegt. Bis ich die zwei Schritte überbrückt habe läuft auch schon die Bremse an. Der Fisch zieht ganz gemächlich in Richtung Hauptstrom und ich folge im nur zu gerne. Ich hole sachte Schnur und kurz vor dem Kontakt geh ich in die Vollen. Mitten in der Pumpbewegung knall ich gegen Granit. Ja Mann, dass Ding ist schwer, damit hätte ich hier…. mit der ersten rasanten Flucht ist mein Kopf wie leergefegt und ich agiere nur noch im Instinkt. Das Adrenalin schiesst nun völlig ein und ich beginne das Spiel zu geniessen. Minuten später greif ich zu und bin völlig baff, was ein Schädel! Ich habe grad Mühe mich zu finden und lass mich mit der Strömung noch ein wenig abtreiben.

Zurück am Ufer übernimmt die Routine wieder das Zepter (schliesslich muss ich auf Arbeit) Messen, Brustflossen-Pic, stabilisieren, releasen, alles zusammenraffen. Selbst das Gebuckle in Richtung Auto verläuft im Erfolgsrausch ganz flott. Auf der Fahrt kommen die Gedanken und Emotionen voll hoch. Ich versuche für mich, trotz Höhenflug ein Fazit zu ziehen. Glaube an das was du tust auch wenn es nicht auf Anhieb Früchte trägt. Nicht immer muss der erste Gedanke der beste sein aber zumeist liegt er auch nicht voll daneben. Ich habe mir auf jedenfall vorgenommen wieder mehr auf mein Gefühl zu hören, Watercraft ist zumeist mehr wert als man denkt.

Apropos, dass mein Spross nun regelmässig zu dem Bacheinlauf zum Spielen will, werte ich mal als gutes Omen. Die Köderfische sind zwar wieder im Strom aber ich bin mir sicher der kleine Mann wird mir lautstark Zeigen, wenn man, einmal den dritten Lauf ins Auge fassen könnte.

Simon Reimann