…oder die Chronik von Fix-Vorstellungen und Sonnen-Suche……
Halb vier Uhr in der Früh, ich sitz im Auto und Fahr in Richtung Süden. Es ist erstaunlich ruhig in der Kiste (selbst für diese Uhrzeit). Das liegt daran das ich alleine Unterwegs bin. Ich bin ja eher mit kurzen Fenstern an Angelzeit gesegnet und diesem Umstand geschuldet bin ich normalerweise echt verwöhnt was meine Angelpartner angeht. Aber dieses Mal hatte echt keiner Zeit weder meine Team Brüder noch sonstige Freunde. Wir haben Ende Februar und ich muss jetzt raus. Dieser Drang staute sich bei mir nun solange auf das ich eigentlich schon in einer riesen Detonation hätte verpuffen müssen. Manchmal macht mir diese krankhafte Sucht verhalten echt ein wenig Angst….. Mit solchen stumpfen Gedankenspielen und einer grossen Auswahl an Kovein haltigen Getränken vergeht die Ereignislose Fahrzeit wie im Flug. Als ich im dichten Nebel die Dammstrasse hochroll bin ich für meine Verhältnisse echt ruhig unterwegs. Aus- und Einladen klappt Reibungslos und rastlos angetrieben bin ich auf dem Wasser. Der graue Dunst hängt wie eine Glocke über dem Wasser und lässt ein fahren ohne GPS nicht zu. Dies nützt mir allerdings auch nicht wirklich viel da dieser Strecken Abschnitt für mich neu und unbekannt ist. Als sich die Konturen einer Brücke unweit von meinem Startpunkt aus dem Grau schälen zögere ich nicht lange und suche mir ein Platz am Ufer. Monoton und im Übermüdungsmodus bau ich meine sieben Sachen auf und beginne direkt die Ruten zu fahren. Auf den Mittag ist Sonne angesagt. Hier wäre anzumerken die letzten Tage waren immer Sonnig und aussergewöhnlich warm für diese Jahreszeit. In meinem Kopf erwuchs schon lange der Plan vom flachen Fischen um die wärmende Kraft des Gestirns auszunutzen. Also setzte ich wie immer im Winter aufs Wetter und lege meine Montagen Strömungsberuihgt auf ein Plateau und Ufernah ab. Nach getaner Arbeit gönn ich mir den Schlaf nach dem mein Körper förmlich bettelt.
Zwei Stunden später geht der Wecker und ich Quäle mich aus der Liege. Schlaftrunken nehme ich war das der Nebel sich lichtet und beim Kaffee kochen gewinnt die Sonne an Kraft. Nun trifft es mich im vollen Umfang. Der Fiume, dieser gewaltige ungebändigte Strom hat in letzter Zeit mit dem unglaublichen Anstieg an Anglern schwer an seiner einstig so starken Faszination auf mich eingebüsst. Oft schon machte ich mir Gedanken an welches Gewässer der nächste Trip gehen sollte und aus diesem Gefühl heraus ging der Po immer in die nächste Runde. Jetzt aber hier im Sonnenschein mit dem Kaffee in der Hand und den Blick auf das Wasser gerichtet, merke ich wie mich der grosse Fluss direkt wieder in seinen Bann zieht. Es ist eigentlich nicht in Worte zu fassen, wenn ich es denn versuchte ist es diese Weite, die Aura von diesem riesigen Fliessgewässer das so unberechenbar ist. Eine der letzten Destinationen an der man das Wels Angeln noch in seinem vollen Potential ausüben kann. Die Masterclass des Flussangelns. Ich erkenn während ich mit dem Blick über Sand, Natur- und Packungs-Ufer gleite, dass die alte Faszination doch noch da ist und mich bannt, viel zu lange war ich nicht mehr an diesen Ufern.
Die Sonne hat nun richtig Kraft ich entledige mich der Jacke und teste die Futterfische mit der Feeder an. Die Zeit verrinnt und es geschieht überhaupt nichts….. Irgend was stimmt nicht, wenn die Köfis nicht ins flache ziehen muss ich meine Strategie aber richtig überdenken….
Leichter Wind kommt auf und ich erkenne am Horizont dunkle Wolken die sich mit ordentlicher Geschwindigkeit nähern. Ich sehe mein schlechtes Gefühl bestätigt . Vielen Dank hier mal an unsere Fantastischen Meteorologen und ihre ach so exakten voraussagen! Es hilft nichts ich begebe mich abermals aufs Schlauchi und beginne damit die Montagen tiefer und wenn möglich in die Nähe der Standplätze zu legen. Als alles umgebaut ist und ich in Richtung meines Brollys wandere ist die Dämmerung schon fortgeschritten. Der Wind ist hat nochmals einen Tacken zugelegt und aus der unterdessen dichten schwarzen Wolke Decke nieselt es ab und an. Ich knall mich in die Liege, denk noch das wäre ohne fixe Vorstellungen auch einfacher gegangen und bin direkt im Traumland.
Ich erwache Morgens nach einer Nullnummer und muss zur Kentniss nehmen das zwar der Wind ein wenig nachgelassen hat die Wolkendecke aber nach wie vor über mir den Himmel bespannt.
Mit dem Kaffe kommen meine Lebensgeister wieder aus der Versenkung. Ich kontacktier mein Telefon und mach mir ein Bild über die Wetter Vorhersage. Konstant bedeckt und ab dem späten Nachmittag Sturm mit extremen Windböen. Klasse, das hab ich mir….. Glöckchen. Die Standplatz Rute ist krumm und die Bremse läuft! Ja Mann geht doch! Ich kann nach einer kurzen Schlauchboot Aktion einen Riesen mit doch fast 1.50 ins Boot heben. Immerhin doch nicht komplett geblankt. Kurz vor dem anlegen sehe ich wie meine zweite Rute in der 8m Rinne nach vorne zuckt. Diesmal ist aber am auf und ab der Spitze schon direkt klar das dass Exemplar an der anderen Seite kleiner ausfällt als der von Eben. Ich fahr kurz über den Fisch und löse den Nachwuchs schonend.
Nun aber los, ich verlad meinen Krempel und begebe mich auf Spot Suche. Der Vorteil des tristen Wetter ist das ich heute ohne Nebel auch was Sehe. Ich such mir eine Buhne aus in der ich einigermassen vor dem was da kommen wird geschützt bin und wo ich die Möglichkeit habe eine tiefere Uferpassage mit hinterspühlten Pfeilern anzuangeln. Das übliche Aufbauen und legen geht gut von der Hand. Nun kann man an der Ruhe gut erkennen das sich da was zusammenbraut und diesmal wie angesagt beginnt es kurz vor der Dämmerung zu Nieseln. Als ich gerade mein Boot noch ein wenig Nachsichere geht die weiteste Rute auf Tauchstation. Noch während ich den Nachwuchsfisch abhole und direkt wieder neu Ableg geht das Schauspiel los. Der Wind macht sich einen Spass daraus Schaumkronen aufs Wasser zu peitschen und das Nass kommt wie aus Eimern runter. Endlich unter dem Schirm stell ich Fest das der Vor-Sturm Biss ja wirklich pünktlich kam und rechne mir wenig Chancen für die nun anbrechende Nacht aus. Unruhig wird sie trotzdem die Elemente wüten so dass ich andauern die Boote nachsichern muss und wenn man denkt, dass einem demnächst das Zelt abhebt, schläft man einfach nicht so prickelnd. Irgendwann fordert die Müdigkeit ihren Tribut und ich döse Weg. Als ich nach dem komatösen Schlaf langsam wieder auf meiner Liege ankomme, wird mir ein herrlichen Sonnenaufgang präsentiert. Kein Wind keine Wolke am Himmel! Nichts erinnert an die Front die dem Anschein nach durchgezogen ist. metallisches Klickern zeigt mir, dass die selbe Rute wie Gestern aber so was von abläuft. Nach den 300m fahrt und nun über dem Fisch merk ich zu meiner Befriedigung das der Widersacher wohl diesmal ein wenig mehr drauf hat als seine Vorgänger. In diesem Wahnsinn’s Morgenlicht mit den dampfenden Wasser kann ich den kurzen Drill voll auskosten. Was dann auf Kurzbesuch ans Boot kommt ist ein echt seltenes Bild für dieses Gewässer. Der Fisch ist durchaus lang und geht gegen die 2m Marke, aber so was von schlank und schmal im Wuchs wie ich es glaub ich noch nie gesehen habe. Ich muss kurz Grinsen wenn ich mir Vorstelle das ausgerechnet der schwächste Fisch seiner Alters-Kategorie sich meiner erbarmt hat. Ich bedank mich Artig beim Silure und entlass ihn mit dem Rat sich doch besser zu ernähren zurück in sein Element.
Wieder am Spot wird sogleich alles zusammengerafft und raus geht’s auf den Strom. Endlich ist meine Sonne da!! Da klingelt mein Telefon und Sven erzählt mir am anderen Ende der Leitung, dass sie ein Paar Fluskilometer oberhalb von mir keinen Sturm hatten (wie Klasse für Ihn). Beim Ansitzen blanken sie durch aber Vertikal haben sie einige richtig gute Fische auf ihr Konto gelegt.
Hmmm, mein Weg zur Location nimmt ein jähes Ende und schon bin ich mit dem leichten Gerät in der Hand auf der ersten Drift. Ich werd das jetzt direkt abkürzen, in den folgenden Stunden schaff ich es nicht eine Fisch Sichel auf das Echolot zu kriegen geschweige den einen Fangerfolg zu erzielen. Wir haben nun schon nach Mittag und frustriert geh ich zu meinem ursprünglichen Plan über die Sandbänke abzufahren. In Gedanken werfe ich mir selber vor mich reingesteigert zu haben. Dabei habe ich mir die Zeit mit der intensivsten Sonneinstrahlung selber verbaut. Na lässt sich nun auch nicht mehr ändern. Kopf frei machen und von Vorne. Penibel fahr ich die seichten Sandufer ab bis ich bei der Bank Nummer 9 auf eine Stelle stosse die tatsächlich fast 5 Grad wärmer ist als der Hauptstrom. Nun aber fix, mit aufbauen halt ich mich nicht auf, dass kann man auch später erledigen. Also raus mit den Montagen. Ich leg von 1.5m bis 9m da ich sehe dass an der Kante zum schnellfliesenden Wasser Unmengen an Kleinfisch unterwegs ist. Alle Montagen senk ich mehrfach ab um kein Treibgut zu sammeln und die Schnur aus dem Fokus unserer Freunde zu nehmen. Das ist zwar ein wenig umständlich ich erhoffe mir aber damit einen Fangerfolg für meine letzte Nacht. Mit der letzten (der 9m an der Kante mit dem Mischwasser von warm zu kalt) komm ich nun nach Absenkstein Nummer vier am Bambus an, den ich etwa 100m Oberhalb von meinem Angelplatz gesetzt habe, um mit Umlenken den Perfekten Winkel zu bekommen. Fast geschafft sagt mein Kopf und direkt kommt die Quittung; Reissleine vergessen. Ich lass das Boot am Platz, lege meine Schnur um den Bambus und lauf zurück zu meinem Rutenhalter. Ich stell die Rute kurz ein und suche in dem Haufen wo mein komplettes Tackle liegt nach besagter Reissleine (Geeeeeeeeenau ich erinnere mich den Platz kann man ja auch nachher organisieren) Ein komisches Geräusch lässt mich aufblicken. Ich bekomme gerade Live mit wie meine Rute aber so richtig krumm geht und der Bambus einen Freiflug probt. Völlig verdutz nehme ich den Stock auf und mach einen kleinen Steigerungs-Lauf zum Schlauchi. Schnell die vier Steine auf der Fahrt zum Fisch gelöst und langsam Druck aufgebaut. Druck ist das Stichwort, was ich da gehakt habe macht aber so richtig Druck und steht komplett stur am Grund. Ich krieg das Ding nicht angehoben aber nach einigen endlosen Momenten übernimmt das mein Widersacher direkt und beginnt mit seiner ersten Flucht in einem Affenzahn gegen die Strömung. Wahnsinn der ist besser zuckt es mir durch den Kopf. Ich brauche lange, nein echt lange bis die Blasen neben dem Boot hochkommen. Als der Schädel die Wasserfläche durchbricht ist bei mir alles bis zum Zerreissen angespannt. Der Fisch legt sich neben mein Boot, krass das Ding ist Breit, abartig Breit. Ich fass den Fisch und zieh ihn mit äusserster Mühe ins Boot. Meinen Schrei mit der sich die Anspannung löst muss man bis ins Delta gehört haben. Abenteuerlich geht es zurück zum Ausgangspunkt. Abenteuerlich? Na ja der Fisch hängt nicht nur zu einem guten Stück über das Boot nein er ist so heftig gebaut das er das Ding voll ausfüllt, ich muss also auf dem Schlauch Knien um zu fahren und gleichzeitig aufpassen das ich den Teil der über der Bordwand hängt nicht mit dem Motor verletze.
Angekommen kommt erst ein erneuter Akt den Riesen wieder aus dem schwimmenden Plastik zu kriegen bevor ich ihn entsprechend versorgen kann. Jetzt folgt ein Anruf im Camp bei dem mir versichert wird, dass in 10 Minuten einer zum Fotografieren kommt. Ich versuch meinen Puls und meine Emotionen wieder in den Griff zu kriegen. Einfach funktionieren hilft da am besten. Also steig ich in die Wathose leg die Foto Ausrüstung bereit…… Glöckchen! Die 3m Rute pfeift ab. Wieder im Schlauchboot wieder über dem Fisch könnt ich die ganze Welt umarmen, Scheisse ist das geil!!! Den guten Kämpfer der gehobenen 1.80er Klasse häng ich direkt am Boot ab und schaff es gleichzeitig mit dem dahergeeilten Fotografen zurück an meinen Platz. Beim Messen ist es das erste mal das die Länge für mich Sekundär ist, der Fisch ist ein Destosteron strotzendes unglaublich Muskulöses Gesamt- Paket. Ich kann meinen Blick gar nicht mehr von diesem breiten Kreuz abwenden. Ich bin mir zu 100% sicher das dass das schwerste Exemplar ist das mich bisher beehrte. Wie ihr diesen Zeilen hier entnehmen könnt war ich voll im Cocktail aus Adrenalin, Freudes-Hormonen, Faszination, Stolz sowie einer grossen Portion Ehrfurcht gefangen.
Das legte sich auch nach der Foto Session, dem Release und dem Platzaufbau nur sehr zögerlich. Selbst beim erneuten Rutenlegen lief ich noch wie auf Drogen. Endlich mal was trinken wäre doch eine nicht zu verachtende Option! Aber keine Zeit, auf 1,5m hat die Nachwuchsabteilung meine Forelle gefunden, also nochmals von vorn. Nun kehrt bei mir und an den Ruten „endlich“ ein wenig Ruhe ein. Ich leg mir Schirm und alles was entbehrlich ist schon verpackt ans Hauptboot, um Morgen früh Zeitig auf die Bahn zu kommen. Der langgezogene Sonnenuntergang mit mehrfarbigem Abendrot auf dem aufgeheizten Sand in meinem aufgekratzten Zustand ist das Sahnehäubchen der letzten Paar Stunden. Die Nacht bricht herein und bringt, in meinem Fall, keinen Schlaf sondern Bisse. Nochmals 5 Schleimer Quer durch alle Grössen leisten mir Gesellschaft. Nach zwei Stunden Schlaf mach ich mich in der Morgendämmerung ans zusammenräumen. Das alles nach der klaren Nacht mit einer guten Eisschicht überzogen ist (Gott sei Dank hab ich wohlüberlegt mein Brolly und andere nützliche Helfer gegen Frost, gestern Abend schon verräumt, au Mann!!!) macht meinen eng Gesetzten Zeitplan, Abends um halb fünf in Zürich zur Sitzung auf Arbeit zu sein, nicht gerade entspannter.
Eine Stunde später bin ich in meinem Geruchsgefluteten Auto auf der Bahn.
Fazit , ich bin mir noch nicht wirklich sicher ob der Verlauf dieser Tour ohne mein Wunschdenken zum Flachwasser beziehungsweise Sonnen-Angeln anders verlaufen wäre… hat man sich auf etwas eingeschossen kann das schlecht sein wenn dieser fest fixierte Fall nicht Eintritt, aber Sternstunden/Motivationsschübe bescheren wenn er sich doch noch Einstellt . Natürlich unter der Voraussetzung einer riesigen Portion Glück, die man beim Angeln braucht.
Auf jedenfall bestärkt es die These, dass die Winterangelei noch deutlich Wetterabhängiger ist als in den übrigen Jahreszeiten.
Solo Sole, also nur Sonne und das gibt einen gewaschenen Saison-Start.
Simon Reimann